Interview mit Simon Zimmermann: Die Solarbakery-Revolution

Solarbakery CEO Simon Zimmermann im Interview

Wir haben mit dem Gründer und Geschäftsführer von Solarbakery Simon Zimmermann geredet und ihn einige Fragen zu seinem Unternehmen gestellt!

 

Sie sind CEO und Founder von Solarbakery: Was genau sind hier Ihre Aufgaben und was ist Ihr beruflicher Background?

Ich habe in München „Management Sozialer Innovationen“ studiert, ein spannendes Studium, welches sich um die Frage dreht: Wie begegnet man gesellschaftlichen Herausforderungen unternehmerisch und mit innovativen Lösungen?

Ich wusste damals schon, dass ich Unternehmer werden und gesellschaftlich etwas bewegen will. Die Inhalte von Management über Soziologie, bis hin zur Unternehmensgründung haben mir eine gute Grundlage vermittelt. Natürlich kann man durch ein Studium nicht auf alle Tätigkeiten vorbereitet werden, die man als Gründer und Geschäftsführer wahrnehmen muss.

Meine Aufgaben sind breit gestreut, vom strategischen bis hin zum operativen Tagesgeschäft. Auch wenn wir mittlerweile ein hoch kompetentes Team aus Bäcker:innen, Ingenieur:innen und Betriebswirt:innen haben, so muss ich als Hauptverantwortlicher in allen Bereichen mitmischen und Entscheidungen treffen.

Das reicht von technischen Entwicklungen, über Backwaren-Sortimente bis hin zu Finanzplänen und Markteintrittsstrategien.

 

Wie kam es zur Idee, Container-basierte, solarbetriebene Bäckereien für Entwicklungsländer zu entwickeln?

Bereits während meines Studiums lernte ich bei einer Mitfahrgelegenheit einen jungen Mann kennen, der im Kongo aufgewachsen war. Während dieser 2,5 Stunden Fahrt berichtete er mir von seinem Traum, in seiner Heimat ein soziales Projekt auf die Beine zu stellen, um den Menschen im Kongo eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Wir verstanden uns so gut, dass wir am Ende der Fahrt per Handschlag besiegelten, ein solches Projekt gemeinsam anzugehen.

Wir flogen in den Kongo und entwickelten ein Social Business Konzept, bestehend aus einer Schule, die sich durch eine angegeliederte Bäckerei selbst finanzieren kann.

So entstand unsere erste Container-Bäckerei, deren Erfolg uns überraschte. Wir erzielten hohe Umsätze und schafften zahlreiche Arbeitsplätze, sodass selbst unsere kleine Bäckerei einen großen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugte.

Erste Anfragen aus weiteren Ländern erreichten uns, jedoch gab es immer das gleiche Problem – die mangelnde und unzuverlässige Stromversorgung.

Als hätte es das Schicksal so gewollt, stieß ich auf Torsten Schreiber, Gründer von Africa GreenTec, der langjährige Erfahrung im Punkt Stromversorgung in Afrika mitbrachte. Gemeinsam gründeten und entwickelten wir die SOLARBAKERY, die erste komplett energieautarke Backstube der Welt.

 

Wie haben Sie das Interesse der lokalen Bevölkerung für Ihre Bäckereien geweckt?

Ohne viel Marketing zu betreiben, wurden wir im Kongo von Anfang an überrannt. Unser handgemachtes Brot war eine sehr willkommene Abwechslung zum industriell gebackenen Brot, welches in vielen Regionen Afrikas oft die einzige Wahl ist.

Frisches Brot ist an vielen Orten in Subsahara-Afrika noch eine absolute Besonderheit, denn in Westafrika hängen über 80% der KMU an Dieselgeneratoren, die weder wirtschaftlich noch ökologisch sind. Auch Holzöfen sind teuer im Betrieb und gefährden die Gesundheit der Bäcker:innen, sodass meist Industriebrot aus hunderten Kilometer Entfernung eingeführt wird.

Mit der Solarbakery können wir nun durch Solarstrom günstiger und effizienter frisches Brot anbieten, auch an Orten, wo dies bisher nicht möglich war.

 

Können Sie uns mehr über die erste Crowdinvesting Kampagne von Solarbakery erzählen? Was konnten Sie mit dem eingesammelten Kapital bisher erreichen?

Die erfolgreiche erste Crowdinvesting-Kampagne 2021 auf CONDA hat uns den Bau eines voll funktionsfähigen Prototyps ermöglicht, der die technische Machbarkeit beweist und die Basis für die Skalierung des Geschäftsmodells bildet. Dabei haben wir extrem viel gelernt und die Bäckerei für die Serienproduktion weiterentwickelt.

Beispielsweise trafen wir die Entscheidung, die Dachkonstruktion komplett neu zu gestalten. Durch die Verlängerung des Daches auf der Rückseite des Containers entsteht eine überdachte und dadurch beschattete Fläche, die als Treffpunkt für unsere Kund:innen und die lokale Community dienen wird.

Parallel zu zahlreichen technischen Entwicklungen haben wir unser Geschäftsmodell im Markt testen und verfeinern können.

Im ersten Crowdinvesting haben wir bereits ein mehrstufiges Geschäftsmodell in Aussicht gestellt. Durch unsere Erfahrungen im Kongo können wir den Eigenbetrieb von Bäckereien in Afrika am schnellsten umsetzen, da wir im Bäckereibetrieb die Betriebsabläufe, Wareneinkauf, Strukturen und Prozesse bereits beherrschen.

Der Senegal bietet uns einen hervorragenden Nährboden, um die Solarbakery-Serienreife zu erreichen und weiter zu wachsen, da wir hier über ein starkes Netzwerk aus Wirtschaft, Politik und lokaler Bevölkerung verfügen. Außerdem können wir so auf die schon vorhandene Produktionsinfrastruktur unserer Partner:innen zurückgreifen.

Ein großer Vorteil des selbständigen Betriebs der Bäckereien liegt außerdem darin, dass wir auf diese Weise Erfahrungen sammeln und unsere Rezepturen standardisieren können.

 

Welche Meilensteine verzeichnen Sie bisher mit Solarbakery?

Mit dem autarken Betrieb der Container-Backstube haben wir einen wichtigen Meilenstein erreicht. Aber auch die Arbeit im Senegal konnte große Fortschritte verzeichnen.

Der Senegal liegt strategisch günstig an der Küste Westafrikas und ist damit ein idealer Standort für den Markteintritt – und der perfekte Ausgangspunkt für die zukünftige Expansion von SOLARBAKERY auf dem afrikanischen Kontinent.

Wir konnten Mamadou Tounkara als Managing Director Senegal für uns gewinnen. Mamadou selbst ist Bäcker- und Konditormeister und hat in Frankreich eine Bäckereikette geleitet. In Bamako, Mali hat er außerdem sein eigenes Café betrieben.

Seit er zu uns gestoßen ist, arbeitet er an der Geschäftsentwicklung vor Ort und knüpft wertvolle Kontakte in senegalesischen Städten und Dörfern.

In den vergangenen zwei Monaten wurde er dabei vor Ort von zwei weiteren Mitarbeiterinnen unterstützt. Gemeinsam haben sie Beziehungen zu potentiellen Lieferant:innen und Kund:innen aufgebaut und gepflegt, sowie Locations besichtigt, die uns von lokalen Grundbesitzer:innen als SOLARBAKERY-Standorte angeboten wurden.

Der Begeisterung in Senegal und der ganzen Welt ist hoch. Immer wieder wird uns bestätigt, dass unsere Lösung einen riesigen Impact auf die Bevölkerung haben wird.

 

Welche Rolle spielt die lokale Wertschöpfungskette bei Solarbakery und wie fördern Sie die Einbindung der lokalen Gemeinschaft in Ihre Geschäftsmodelle?

Als soziales Unternehmen setzen wir auf eine enge Kooperation mit der lokalen Bevölkerung, von der Einbindung lokaler Brot-Händler:innen bis hin zur Rezeptentwicklung. Wir haben von Anfang das Ziel verfolgt, regionale Getreidesorten zu verarbeiten und so die lokale Landwirtschaft mit einzubinden.

Unsere integrierte Mühle kann lokale Getreidesorten wie Mais, Hirse und Reis schroten. So lassen sich nicht nur Wertschöpfungsketten vor Ort fördern, sondern auch Ballaststoffe und Nährwerte der Produkte erhöhen.

Die SOLARBAKERY Bäckerei-Container werden in Zusammenarbeit mit unserem Partner-Unternehmen Africa GreenTec in der senegalesischen Hauptstadt Dakar gebaut und können von dort per LKW an die finalen Standorte transportiert werden.

An jedem Schritt der Produktionskette achten wir darauf, möglichst viel Wertschöpfung in unsere Zielregionen zu bringen.

 

Wie planen Sie den Roll-out der Solarbakery-Container-Bäckereien in den kommenden Jahren und welche Märkte haben Sie im Auge?

Um eine nachhaltige Bäckereiproduktion überall auf der Welt zu ermöglichen, planen wir einen Roll-out in 3 Phasen. In der aktuell 1. Phase liegt der Fokus auf dem Aufbau einer eigenen energieautarken Bäckereikette im Senegal mit landesweit bis zu 30 Standorten und eigens ausgebildeten Bäcker:innen. Im Senegal gibt es bereits starke Partner:innen aus Wirtschaft, Politik und lokaler Bevölkerung. Und auch die lokale Landwirtschaft soll einbezogen und gestärkt werden. Die im Senegal gesammelten Erfahrungen und Daten helfen dabei, die Prozesse und Rezepte weiter zu standardisieren. In den Phasen 2 und 3 werden dann Verkauf und Franchising der Container-Bäckereien forciert.

 

Wie hat das Interesse der internationalen Gemeinschaft, einschließlich großer international agierender Organisationen, Ihre Arbeit bei Solarbakery beeinflusst?

Bis heute haben uns Anfragen aus über 30 Ländern weltweit erreicht und es wurden bereits Verhandlungen u.a. mit den Vereinten Nationen (World Food Programme) und der Weltbank geführt.

In den zahlreichen Vertriebsgesprächen haben wir realisiert, dass die Organisationen, die mit dem nötigen Kapital zum Kauf der Solarbakeries ausgestattet sind, oft langwierige Prozesse bis zur Freigabe durchlaufen. Das erschwert wiederum unsere zeitliche Planung. Durch den Eigenbetrieb können wir verlässlicher planen und gleichzeitig mit den gesammelten Daten und Erfahrungen die technische Verlässlichkeit erhöhen.

Wir haben also einerseits unser Geschäftsmodell validieren und optimieren können, andererseits haben uns Anfragen für den Einsatz der Solarbakery im Grenzgebiet zur Ukraine veranlasst, die Solarbakery technisch so weiterzuentwickeln, dass diese im Katastrophenfall auch an sonnenschwachen Orten eingesetzt werden kann.

 

Was sind die größten Herausforderungen, mit denen Sie bei der Skalierung Ihres Geschäftsmodells konfrontiert sind, und wie planen Sie, diese zu bewältigen?

Auch wenn die Nachfrage nach unserem Produkt riesig ist, werden wir in Investorengesprächen oft mit Vorurteilen gegenüber dem afrikanischen Kontinent konfrontiert. Das immense Investitionspotenzial in Afrika wird von Ländern wie China sehr stark wahrgenommen und genutzt, aber von Ländern wie Deutschland leider oft verschlafen.

Wir freuen uns, mit unserer Crowdinvesting-Kampagne auf CONDA mit Investor:innen in Kontakt zu kommen, die möglicherweise aus eigener Erfahrung die Dynamik und Aufbruchsstimmung in Ländern wie Senegal kennen und gewillt sind, mit uns diesen Weg zu gehen.

 

Wie haben Sie persönlich von der Gründung von Solarbakery profitiert und was sind Ihre Ziele für die Zukunft des Unternehmens?

Mich persönlich bereichert die Arbeit bei Solarbakery durch die immense tägliche Lernerfahrung, das Zusammenspiel unseres motivierten internationalen Teams und letzten Endes die Begeisterung der Menschen vor Ort, die sich alle schon auf ihre Solarbakery freuen.

Mein Ziel für Solarbakery ist, das größte nachhaltige Bäckerei-Franchise des globalen Südens zu werden. Bis 2026 soll die Bäckereikette im Senegal 30 Container-Bäckereien umfassen und anschließend in weitere Länder expandieren.

Dabei leisten wir auch viel Aufklärungsarbeit, denn die meisten Menschen können sich nicht vorstellen, eine komplette Backstube mit zwei Meter großen Öfen nur mit Sonnenstrom zu betreiben. Wir zeigen, was alles mit Solarstrom möglich ist.

 

Worauf sind Sie besonders stolz?

Ich bin stolz darauf, wie weit wir bereits gekommen sind. Im Kongo, einem der schwierigsten Länder weltweit, über viele Jahre eine Bäckerei zu betreiben, ist schon etwas besonderes.

Und jetzt mit einem hoch kompetenten und motivierten Team etwas zu entwickeln, was es so noch nie gab, das macht immer wieder stolz und bringt viel Freude.

 

Was sind Ihre Ziele mit dieser Crowdinvesting-Kampagne bei CONDA?

Die erste Runde mit Abschluss im Januar 2022 hat uns einen wahnsinnigen Start, den erfolgreichen Bau des Prototypen und die Optimierung des Geschäftsmodells ermöglicht.

Mit der zweiten Runde wollen wir jetzt die erste energieautarke Bäckereikette der Welt errichten. Unser Ziel ist, im Senegal bis zu 30 SOLARBAKERIES zu bauen, in Betrieb zu nehmen und das nötige Personal vor Ort auszubilden. Damit werden wir einen großen Schritt in Richtung Nahrungsmittelsicherheit und wirtschaftliche Souveränität der lokalen Communities im Senegal leisten.

 

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